Erinnern und hoffen

Kreuzworte
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Kreuzwort vom 15.11.2025

In die Vergessenheit versinken – eine zweiteilige Bronze-Skulptur in Porto veranschaulicht diese Redewendung eindrucksvoll. In einer Teichanlage ragen zwei Köpfe knapp über die Wasseroberfläche. Ihre Gesichter wirken friedlich, die Augen sind geschlossen, der Kopf leicht nach hinten und zur Seite geneigt – als wären sie gerade im Begriff, sanft abzutauchen.

Als Betrachter ist man zugleich erschrocken und fasziniert; unwillkürlich entsteht der Impuls, diese Menschen davor zu bewahren, im Wasser zu verschwinden. Vielleicht wollte der Künstler genau diesen Impuls auslösen: Menschen auf keinen Fall in Vergessenheit geraten lassen, unter die Oberfläche unseres Erinnerns.

Der Monat November ist eng mit Trauer, Erinnerung und Vergänglichkeit verbunden. In dieser Zeit wird besonders der Verstorbenen gedacht. An Allerheiligen, Allerseelen und dem Totensonntag versammeln sich viele Menschen in den Kirchen und auf den Friedhöfen – mancherorts mehr als an Weihnachten.

Nach den Gottesdiensten und den Friedhofsgängen treffen sich Familien, erinnern  an ihre verstorbenen Angehörigen und pflegen ihre familiäre Erinnerungskultur. Sie betrachten Bilder, erzählen Anekdoten, lachen, weinen und empfinden Dankbarkeit und bleibende Liebe. Der heilige Augustinus schreibt in seinen Bekenntnissen, dass wir in der Erinnerung nicht nur das Erinnerte lebendig erhalten, sondern selbst in ihm gegenwärtig sind – als sei die Trennung durch den Tod überwunden.

An diesem Sonntag begehen wir den Volkstrauertag als staatlichen Gedenktag für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft – auch diese Form des Gedenkens sollte unbedingt im kollektiven Bewusstsein gehalten werden und darf nicht in die Vergessenheit abgleiten, gerade weil die Generation der Zeitzeugen nach und nach stirbt. Erinnerung geht in diesem Sinne nicht nur zurück, sondern richtet sich gegen das Vergessen nach vorne, hin zu Friedens- und Versöhnungsarbeit.           

Für uns Christen reicht Erinnerung nicht nur zurück und nach vorne, sondern lässt uns zugleich nach oben blicken und hoffen. Am Ende ist es unsere Hoffnung auf Gott selbst, die unsere Verstorbenen und uns selbst „oben“ hält. Der Jesuit Medard Kehl schreibt dazu: „Die Verstorbenen, die in das Dunkel des Todes hinabgefallen und ganz unten, ganz am Ende sind, werden von Gott aufgehoben, aufgenommen in das wunderbar wärmende und bergende Licht der Liebe des dreifaltigen Gottes.“

Andreas Bergmann, Pastoral- und Bildungsreferent, Kirchlicher Organisationsberater